Inhaltsverzeichnis 

  1. Traditionelle Recyclingmethoden stoßen an ihre Reinheitsgrenzen 
  2. Wie überkritisches CO₂ neue Maßstäbe beim Kunststoffrecycling setzt 
  3. Europäische Projekte zeigen das Potenzial von überkritischem CO₂ 
  4. Warum überkritisches CO₂ für Beschaffung und Compliance wichtig ist 

 

1. Traditionelle Recyclingmethoden stoßen an ihre Reinheitsgrenzen 

Das Kunststoffrecycling in Europa steht unter Druck. Es muss sowohl Qualitätsansprüchen als auch strengen gesetzlichen Vorgaben gerecht werden. 

Mehr als 50 Millionen Tonnen Kunststoffe werden jährlich in Europa verbraucht, doch die Recyclinginfrastruktur kann mit diesem Wachstum kaum Schritt halten. 

Während die Produktion steigt, hinkt die Menge an hochwertig recyceltem Material hinterher. 

Ein großer Teil des recycelten Kunststoffs kann nicht in sensiblen Produkten wie Lebensmitteln, Pharmazeutika, Kosmetika oder Spielzeug verwendet werden, hauptsächlich aufgrund von Verunreinigungen und schwankender Materialreinheit. 

Die Europäische Union hat daher eine Reihe von Regelungen eingeführt, um sowohl die Menge als auch die Qualität von recyceltem Kunststoff zu steigern. 

Dazu gehören die Einwegkunststoffrichtlinie und die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR), die ein Recyclingziel von 55 % für Kunststoffverpackungen bis 2030 festlegt. 

Doch die Grenzen der derzeitigen Recyclingtechnologien werden immer deutlicher. 

 

  • Mechanisches Recycling als häufigste verwendete Methode ist energieeffizient und relativ kostengünstig, aber sie kann Zusatzstoffe, Weichmacher oder Schadstoffe, die tief im Polymer eingebettet sind, nicht vollständig entfernen. Das resultierende Material erfüllt oft nicht die Sicherheitsanforderungen für den direkten Verbraucherkontakt. 

 

  • Chemisches Recycling hingegen zerlegt Kunststoffe bis auf molekularer Ebene und baut sie zu neuen Polymeren wieder auf. Diese Methode liefert zwar höhere Reinheit, ist aber deutlich umweltbelastender und kostenintensiver. 

 

Recyclingmethode Vorteile Nachteile 
Mechanisches Recycling Günstig, bewährte Technologie Begrenzte Reinigung, nicht lebensmitteltauglich 
Chemisches Recycling Hohe Reinheit, entfernt die meisten Schadstoffe Teuer, energieintensiv 
Überkritisches CO₂ (SC-CO₂) Entfernt gezielt Schadstoffe, ohne Polymere zu verändern Noch im Aufbau, mechanische Vorbehandlung nötig 

 

2. Wie überkritisches CO₂ neue Maßstäbe beim Kunststoffrecycling setzt 

Eine neue Lösung ist überkritisches CO₂, ein Zustand von Kohlendioxid unter hohem Druck und hoher Temperatur, bei dem es sich sowohl wie ein Gas als auch wie eine Flüssigkeit verhält. 

In dieser Form wirkt CO₂ als starkes Lösungsmittel, das Kunststoffgranulate durchdringt und darin eingebettete Verunreinigungen wie Weichmacher, Additive und sogar hartnäckige Schadstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) extrahiert. 

Diese Technologie wird bereits in Bereichen wie der koffeinfreien Kaffeeherstellung, der pharmazeutischen Produktion und der Gewinnung ätherischer Öle eingesetzt. Ihr Einsatz im Kunststoffrecycling ist noch neu, zeigt aber bereits vielversprechende Ergebnisse. 

Die Methode kommt nach dem mechanischen Recycling zum Einsatz und behandelt vorverarbeitete Kunststoffgranulate, um diese weiter zu reinigen, ohne die Polymerketten zu beschädigen. 

Das bedeutet, dass sie bestehende Verfahren nicht ersetzt, sondern ergänzt und verbessert und so Rezyklate auf Lebensmittel- oder Pharmaniveau bringt. 

 

 

3. Europäische Projekte zeigen das Potenzial von überkritischem CO₂ 

Mehrere Projekte in Europa zeigen bereits, wie überkritisches CO₂ das Kunststoffrecycling revolutionieren kann. 

In Frankreich hat das IPC Technical Centre in Oyonnax die größte SC-CO₂ (Überkritisches CO₂ )-Reinigungseinheit des Kontinents installiert. Ziel ist es, Schadstoffe aus post-consumer-Kunststoffen zu entfernen und diese für Anwendungen mit Lebensmittelkontakt sicher zu machen. 

Gleichzeitig untersuchte eine Studie der Technischen Universität Hamburg (TUHH) die Wirksamkeit der Technologie bei ölverschmutzten HDPE-Behältern. Die Forscher reinigten die Kunststoffe mithilfe von überkritischem CO₂ so gründlich, dass sie die strengen europäischen Sicherheitsstandards für die Wiederverwendung erfüllten. 

Die Studie bestätigte zudem, dass die Polymerstruktur intakt blieb und es somit weder ein Abbau noch eine Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften auftrat. 

 

4. Warum überkritisches CO₂ für Beschaffung und Compliance wichtig ist 

Überkritisches CO₂ bietet für Einkäufer von Rezyklaten mehrere strategische Vorteile. 

 

  • Regulatorische Konformität: SC-CO₂-behandelte Kunststoffe erfüllen REACH- und PPWR-Grenzwerte für Toxizität und Reinheit. Entscheidend für Lebensmittelkontakt, Kosmetik- und Medizinverpackungen.

 

  • Kosteneffizienz: SC-CO₂ ist teurer als mechanisches Recycling, aber deutlich günstiger als chemische Verfahren und bietet so eine effiziente, erschwingliche Zwischenlösung.

 

  • Anwendungsbereiche: Besonders relevant ist die Technologie für Branchen, in denen Produktsicherheit und Hygiene unerlässlich sind, zum Beispiel Fertigmahlzeitenverpackungen, Mehrwegtransportbehälter, Pharmaverpackungen oder Körperpflegeprodukte.

 

  • Beschaffungsvorteile: Der Prozess ist rückverfolgbar und standardisiert. Dies senkt Compliance-Risiken und stärkt die Transparenz in der Lieferkette.

 

  • Risikominimierung: Der Einkauf hochreiner Rezyklate reduziert die Gefahr von Produktrückrufen, Importverweigerungen oder behördlichen Prüfungen und damit auch potenzielle Kosten und Imageschäden.

 

 

Fazit 

Überkritisches CO₂ ist kein Ersatz für bestehende Recyclingverfahren, sondern eine strategische Ergänzung, die neue Maßstäbe für Materialqualität setzt. Es hilft, die Lücke zwischen regulatorischen Anforderungen und den derzeitigen Möglichkeiten von Rezyklaten zu schließen. 

Da die industrielle Anwendung an Fahrt gewinnt, ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Einkäufer, einen Schritt voraus zu sein. Wenn es um Compliance geht, ist es besser, vorbereitet zu sein als geprüft zu werden. 

 

Weitere Informationen zu Recycling und Nachhaltigkeit finden Sie in den Fachartikeln im Inside Business Blog von wer liefert was (wlw). 

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