Der EU Green Deal
Der European Green Deal ist der Plan der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Ein Kernstück ist der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft, der Abfälle reduzieren, Produkte langlebiger machen und Materialien durch Recycling im Kreislauf halten soll.
Auswirkungen auf Spritzgießer
Die größte Veränderung bringt die neue “Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung” (PPWR), die seit Februar 2025 gilt. Sie schreibt Mindestquoten für Rezyklate vor und verschärft die Anforderungen an die Recyclingfähigkeit von Kunststoffverpackungen.
- Anteil recycelter Kunststoffe: Bis 2030 müssen bestimmte Verpackungen einen festgelegten Anteil an recyceltem Material enthalten. Hersteller sind dadurch gezwungen, Kunststoffe mit nachweisbarem recyceltem Material einzusetzen.
- Design für Recycling: Neue Produkte müssen so gestaltet sein, dass sie leicht recycelt werden können. Schwer verwertbare Verbundstoffe und Mehrschichtkunststoffe fallen damit raus.
- Verbot bestimmter Einwegkunststoffe: Strohhalme, Besteck und ähnliche Produkte sind bereits verschwunden, die neuen Regeln weiten dieses Prinzip aus.
Für Spritzgießer heißt das, dass die Frage nicht mehr nur lautet, was am günstigsten ist, sondern was konform und nachhaltig ist. Die Materialwahl entscheidet heute nicht nur über die Kosten, sondern auch darüber, ob ein Produkt in der EU überhaupt auf den Markt darf.
Zahlen, die den Wandel belegen
Der Markt für recycelte Kunststoffe in der EU lag 2024 bei 13,3 Millionen Tonnen und soll zwischen 2025 und 2033 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 4,42 Prozent weiter zulegen.

Recyclingcodes für Kunststoffe

Europas Nachhaltigkeitsstrategie für Kunststoffe
Die EU setzt den Rahmen, doch jedes Land setzt die Vorgaben anders um. Für Hersteller entsteht so ein Flickenteppich an Marktbedingungen. Wer international einkauft oder verkauft, muss diese Unterschiede kennen.

Deutschland
Deutschland hat eines der stärksten Systeme für erweiterte Herstellerverantwortung. Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE) dominieren, weil sie vielseitig einsetzbar sind und gut ins ausgereifte Recyclingsystem passen. 2022 lag die Recyclingquote für Kunststoffverpackungen bei 51,1 Prozent, eine der höchsten in Europa. Für Spritzgießer bedeutet das eine gute Versorgung mit hochwertigen recycelten Materialien.
Frankreich
Mit dem AGEC-Gesetz setzt Frankreich stark auf Nachhaltigkeit. Verbraucher fordern immer häufiger kreislauffähige Materialien und der Staat unterstützt das mit Verboten für Einwegkunststoffe. Während PP und PE weiterhin Standard sind, wächst der Trend zu Recycling- und Biopolymeren. Allerdings lag die Recyclingquote für Kunststoffverpackungen 2022 nur bei 25,2 Prozent, wodurch Lieferketten für recyceltes Material noch im Aufbau sind.
Italien
Als einer der größten Kunststoffverarbeiter Europas setzt Italien stark auf Polyolefine wie PE und PP, besonders in Verpackung und Automobil. Unternehmen investieren in moderne Recyclingverfahren, vom chemischen Recycling bis zu verbesserten Sortieranlagen. Dadurch wird es künftig mehr und bessere recycelte Materialien für Käufer geben.
Nordische Länder
Schweden und Nachbarn gelten als Vorreiter für Nachhaltigkeit. Neben klassischen Kunststoffen wächst hier der Markt für biobasierte und holzbasierte Verbundstoffe. Verbraucherbewusstsein und Klimaziele treiben die Suche nach Materialien, die fossile Kunststoffe ganz ersetzen können.
Spanien
Spanien arbeitet intensiv daran, EU-Recyclingziele einzuhalten. Besonders beim Einsatz von recyceltem PET in Verpackungen gibt es Fortschritte. Die Lebensmittel- und Getränkeindustrie treibt die Nachfrage nach zertifizierten Recyclingmaterialien an.
Vereinigtes Königreich
Das Vereinigte Königreich verfolgt ähnliche Ziele, wenn auch außerhalb der EU. Die seit 2022 geltende Plastiksteuer verlangt, dass Verpackungen aus mindestens 30 Prozent Recyclingmaterial bestehen. Das beschleunigt die Verbreitung von recyceltem PP und PET. Für europäische Zulieferer bleibt der Markt wichtig, auch wenn eigene Regeln gelten.
Checkliste für die richtige Kunststoffwahl
Die Wahl des richtigen Kunststoffs entscheidet sich nicht mehr nur über den Preis. Hersteller müssen heute eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigen:
- Erfüllt das Material die EU-Vorgaben für Rezyklatanteil und Recyclingfähigkeit?
- Gibt es eine Zertifizierung durch anerkannte Standards?
- Lässt sich die Herkunft des Rezyklats oder Biopolymeren lückenlos nachverfolgen?
- Ist die Versorgung in der eigenen Region stabil?
- Erfüllt das Material die nötigen Anforderungen an Haltbarkeit und Funktion?
- Lässt es sich mit vorhandenen Maschinen effizient verarbeiten?
- Ist das Endprodukt nach der Nutzung einfach zu recyceln?
- Sind die Preisentwicklungen kalkulierbar?
- Bietet der Kunststoff einen Marktvorteil gegenüber Wettbewerbern?
- Wird er auch mit Blick auf die Ziele für 2030 noch konform sein?
Diese Fragen helfen Unternehmen, über kurzfristige Einsparungen hinauszublicken und langfristige Widerstandsfähigkeit aufzubauen.
Fazit
Spritzguss wird nicht mehr allein durch Produktionsvolumen definiert. Heute geht es darum, Produkte herzustellen, die nachhaltig sind und den sich wandelnden Standards in Europa entsprechen.
Weitere Einblicke finden Sie im Inside Business Blog von WLW mit Artikeln zu Materialwahl, Polymer-Innovationen und effizientem Kunststoffrecycling.